Samstag, 31. Januar 2009

Guatemala

Nach dem schlechten Start in Guatemala, Raphael hütete fünf Tage das Bett, konnten wir die hügelige Landschaft unter die Räder nehmen. Für die Einheimischen waren wir oft eine Attraktion. Zahlreiche Kinder rannten an die Strasse und winkten uns nach. Am Anfang fragten wir uns, wieso es immer so viele davon hatte, bis wir erfuhren, dass eine Famile oftmals aus zwölf Nasen besteht.
Die Armut ist in Guatemala recht gross: Frauen waschen von Hand, die Hütten sind mit Wellblech bedeckt und die Grossfamilien scheinen in einem Raum zu leben. Gekocht wird am offenen Feuer und Elektrizität ist auch keine Selbstverständlichkeit.
Nach drei Radlertagen erreichten wir Quetzaltenango, wo wir in heissen Thermalquellen plantschten und tagsdarauf den Vulkan Santa Maria auf 3772 Meter über Meer bestiegen. An touristischen Orten machten wir es uns zur Gewohnheit, immer gut essen zu gehen. Da wir die Tortillas langsam satt haben, kann das auch mal asiatisch oder indisch sein. Ausserdem ist in den Hostals in tourischen Orten die Kontaktaufnahme mit anderen Reisenden sehr einfach, sodass man oft seine Erlebnisse teilen und weitergeben kann.
Ein weiteres Ziel war der Lago de Atitlan, welchen wir innert einem Radlerag erreichten. Südlich des Sees thronen drei Vulkane, welche uns zusammen mit dem See einen wunderbaren Sonnenuntergang bescherten. Der See liegt übrigens auf ca. 1500 Meter über Meer und die Strasse Richtung Guatemala City steigt auf fast 3000 Meter an. Aber auch dieses harte Stück Arbeit meisterten wir innert zwei Tagen, sodass wir planmässig in La Antigua ankamen. Auch in diesem Ort thronen fast in jeder Himmelsrichtung Vulkane.
Julia entschloss sich kurzerhand, einen Repetierkurs in Spanisch zu belegen. Ausserdem bestiegen wir mit einer organisierten Tour den aktiven Vulkan Pacaya. Der Spaziergang über die erloschene Lava hatte etwas ganz kitzliges, brodelte und dampfte doch darunter noch flüssige Lava.
Nach vier Übernachtungen in La Antigua war es an der Zeit, die Berge langsam in Richtung Karibik zu verlassen. Dazu mussten wir durch die Grossstadt Guatemala City mit 3.5 Mio. Einwohnern radeln. Die Durchquerung verlief einfacher als wir erwartet hatten und im Stau waren wir freche Velofahrer um einiges schneller als die Autos.
Zusammen mit vielen Bananenlastwagen, die zum Verladen Richtung Küste fuhren, gings nach Quirigua, wo wir realtiv unbekannte Ruinen besuchten. Wir liefen ca. 3 km an Bananenplantagen entlang; Dole und Chiquita lassen grüssen.
Der Weg nach Rio Dulce war nicht mehr weit. Vor Ort wurden wir per Boot zu einem von Schweizern geführten Hotel chauffiert. Die Unterkunft in tropischer Vegetation ist nämlich nur per Wasserstrasse erreichbar. Kein Wunder, dass wir in einem Schweizer Hotel weitere Schweizer und eine Deutsche trafen, mit welchen wir einen gemütlichen Abend verbrachten. Wir liessen unsere Velos für zwei Tage stehen und fuhren per Bus zu den Mayaruinen Tikal, deren Besuch für jeden Guatemalareisenden ein Muss ist. Die Ruinen waren sehr imposant, doch von der Tierwelt waren wir ebenso beeindruckt: Über unseren Köpfen turnten und kreischten Affen und endlich bekamen wir einen langersehnten Tukan aus der Nähe zu Gesicht. Zufrieden fuhren wir per Bus und Boot ins Schweizerhotel zurück und stellten erfreut fest, dass die anderen immer noch dort waren. Znacht gabs natürlich “Brägu” (Rösti) und Zürchergeschnetzeltes; ein willkommenes Stück Heimat nach knapp einem halben Jahr auf Reisen. Raphael konnte sogar wieder einmal einen Jass klopfen.
Tagsdarauf liessen wir uns mitsamt Velos per Boot den Rio Dulce hinunter nach Livingston an die Karibik und einen Tag später per Fähre nach Puerto Barrios befördern. Nach fünf velofreien Tagen freuten wir uns wieder aufs radeln und überquerten bald die Grenze zu Honduras. Da es sehr feuchtheiss war, taten die kurzen Regenschauer richtig gut. Kaum zu glauben, aber das war unsere erste Regenfahrt seit Las Vegas im Oktober 2008!
Das vielseitige Guatemala hat uns sehr gut gefallen, auch wenn ganz viele harte Anstiege zu bewältigen waren. Das Land hat auf realtiv kleinem Raum viel Natur und Archäologie zu bieten. Zum Glück hatten wir schon vorher ein paar Velokilometer in den Beinen, denn ein Ferienstart in diesem Land wäre fast unmöglich gewesen.
Einen direkten Link zu den Fotos gibt es hier.