Nach nun über sieben Wochen zurück in Nordamerika haben wir vor einigen Tagen Calgary erreicht. Zurück bei der Couchsurfing Familie, bei der im August 2008 alles begonnen hatte. Nun sind wir daran, unsere verbleibenden drei Reisemonate durchzuplanen, damit wir es auch wirklich nach Alaska schaffen. Sobald das Wetter besser wird, machen wir uns auf den Weg.
Unsere Reise hierher kann schlicht als Wetterodyssee bezeichnet werden. Mehrmals mussten wir mehrtägige Velopausen einlegen, da ein Weiterkommen bei diesem Schneegestöber nicht möglich war. Oftmals wurden wir von starken Winden fast vom Velo gepustet und konnten unmöglich unsere geplanten Tagespensen abstramplen. Ausserdem regnete es dann und wann wie aus Kübeln, sodass wir des Öfteren unseren Auftritt in voller Regenmontur geben mussten. Aber wir wollen nicht jammern; Velofahren ist Outdoorsport und das gehört dazu.
Unser Weg führte uns seit unserem letzten Bericht durch die US-Amerikanischen Bundesstaaten Utah, Idaho, Wyoming und Montana. Wir versuchten nach wie vor, so oft wie möglich bei Einheimischen zu übernachten.
Einmal schliefen wir auf der Couch einer jungen Radlerin namens Natalie. Zusammen mit ihr gingen wir abends an eine sogenannte Potlock-Party in der benachbarten Studentenstadt. Dabei bringt jeder etwas anderes zu Essen mit, was dann natürlich in einem Potpourri aus verschiedenen Gerichten endet, welche eigentlich gar nicht zusammenpassen. Wir lernten zahlreiche Leute kennen, welche uns über unsere Veloabenteuer Löcher in den Bauch fragten. Unter den Studenten befand sich sogar ein Engadiner, der dort zur Universität geht und endlich wieder einmal Schweizerdeutsch sprechen konnte.
Bei unserer nächsten Übernachtung am darauffolgenden Tag lernten wir viel über das Fischen. Unser Gastgeber Eric war dermassen angefressen, dass er uns stundenlang über seinen bevorstehenden Fischertag berichtete. Wir hatten den Eindruck, dass seine Lebenspartnerin Kandi seinen Enthusiasmus nicht wirklich teilte. Aber für uns, da wir des Fischens nicht mächtig sind, war das Gespräch durchaus interessant.
Der darauffolgende Radlertag brachte uns auf eine kleine Farm, welche als Hobby von Arn und Joy bewirtschaftet wird. Arn zeigte uns seine kleine Schweinezucht mit seinem 400kg-Eber namens “Bubba”. Joy servierte uns zum Znacht selbstverständlich Schweinefleisch aus eigener Produktion. Arn war bei der Navy als Nuklearphysiker auf einem Atom U-Boot stationiert und ist nun pensioniert.
Tags darauf radelten wir in Idaho Falls, Bundesstaat Idaho, zufälligerweise am städtischen Museum vorbei, in welchem gerade Titanic-Artefakte ausgestellt wurden. Kurzerhand entschlossen wir uns, diese anzusehen.
Unser Weg führte uns weiter in den Yellowstone Nationalpark, welchen wir bereits letztes Jahr auf unserem Weg in den Süden besucht hatten. Wir waren für einmal zweifach gesegnet: Die Sonne schien und ein Teil des Parks hatte trotz Schnees bereits seit einigen Tagen geöffnet. Beim Parkeingang trafen wir ein deutsches Radlerpärchen (siehe: www.weltenbummler2003.de), welches bereits seit sechs (!) Jahren mit dem Velo unterwegs ist. Zusammen befuhren wir einen Teil des Parks. Wir mussten auf der Strasse Bisons passieren, beobachteten Weisskopfadler und fotografierten Moose (bei uns Elche genannt) am Fluss.
Ein paar Tage später weiter nördlich im Bundesstaat Montana lud uns der Radler Jim zu seinen Eltern zum Abendessen ein. Jim hat über ein Jahr Asien und Europa beradelt. Einmal habe er sogar einen überfahrenen Fasan aus der Strasse aufgelesen und gegrillt, da er schon lange kein Fleisch mehr gegessen habe. “Der Fasan sah überhaupt nicht zerquetscht aus und fühlte sich noch warm an”, berichtete uns Jim detailreich. Es war ein gelungener Abend bei Jims Familie.
Den letzten Teil in den USA konnten wir aufgrund des Wetters nur langsam zurücklegen. Aber irgendwann gelangten wir doch noch an die Grenze zu Kanada. Der Grenzbeamte nahm uns “netterweise” unsere Pfeffersprays ab, da diese in Kanada illegal seien. Auch das Argument, dass doch der in Kanada überall erhältliche Bärenspray dieselben Inhaltsstoffe in viel grösserer Quantität enthalte, zog nicht. Gesetz ist Gesetz; schliesslich wolle man ja mit Bärenspray nicht Menschen verjagen. Ausserdem wollte uns ein anderer Beamter nicht glauben, dass wir unsere Aufenthaltszeit in Kanada ausreichend finanzieren können. Sahen wir mit unserer Velomontur wirklich so verarmt aus? Er liess sich erst durch einen Online-Bankauszug vom Gegenteil überzeugen. Wenigstens schickte er uns nicht 50km zum “nächstgelegenen” Bankomaten zurück, um einen Kontoauszug auszudrucken.
Die restlichen 250km nach Calgary waren ein Katzensprung, welchen wir uns mit zwei verschiedenen Couchsurfing-Plätzen versüssten. Zurück in Calgary wurden wir mit offenen Armen empfangen.