Wow!... obwohl - eigentlich waren wir zuerst ein bisschen enttäuscht von Alaska. Es regnete für vier Tage ununterbrochen, weshalb wir an unserem Kreuzfahrtschiff-Anlegehafen feststeckten. Mit Schaudern hörten wir die Einheimischen berichten, dass es den letzten Sommer ständig regnete und es nie richtig warm wurde. Velofahren in Alaska mit solchen Aussichten wäre nicht gerade toll gewesen. Uns wurde es jedoch während diesen vier Tagen bei Warmshowerin Linda nicht langweilig. Trotz Regens besichtigten wir den Exit Gletscher, wanderten auf Mount Marathon, gingen an den Strand und beobachteten in einem Fluss hunderte Lachse wie auch zahlreiche Weisskopfseeadler. Eigentlich waren wir nach dem Luxusprogramm “Kreuzfahrt” nicht mehr so auf radeln eingestellt. Da uns jedoch am fünften Tag nach einem letzten Regenschauer die Sonne entgegenlachte, machten wir uns auf die Socken in Richtung Anchorage, der grössten Stadt Alaskas. Naturmässig war diese Zweitagesreise auf der Kenai Peninsula einmalig: Gletscher, Seen, Wälder, Berge und bis vor Anchorage relativ wenig Verkehr.
Der weitere Verlauf der Reise führte uns nördlich in den Denali Nationalpark mit dem höchsten Berg Nordamerikas, Mount McKinley. Die Distanzen in Alaska sind enorm und wir benötigten geschlagene fünf Tage bis zum Eingang des Parks. Anfangs war die Strecke noch relativ langweilig und stark befahren. Tagelang sahen wir nichts als Bäume, bis wir schliesslich über die Baumgrenze in die Tundra gelangten.
Der für das Publikum zugängliche Teil des Denali Nationalparks besteht aus einer Strasse, die ca. 150 km lang ist und in eine Sackgasse mündet. Die ersten 25 km sind geteert und für den öffentlichen Verkehr freigegeben. Die restliche Strecke ist unbefestigt und kann nur mit den Parkbussen oder per Velo erkundet werden. Wir befuhren die Strecke selbstverständlich mit dem Drahtesel und wurden nicht enttäuscht. Das Wetter war perfekt, die Aussichten grandios und wir bekamen sehr viele Tier zu Gesicht: Eichhörnchen, Elche (Moose), Schneehühnerfamilie, Erdmännchen, Grizzly mit Jungem, Rentiere (Caribous), Wolf mit Wolfsgeheul, etc. Wir zelteten zwei Nächte am Schluss der Strecke, wo die Sicht auf Mount McKinley am imposantesten ist. Unterwegs trafen wir Tourenradler Philipp und Manu, wie auch Uli und Sabine aus Osterreich, mit welchen wir viele Erfahrung austauschten. Die Rückfahrt legten wir samt Velo im Bus zurück.
Aufgrund des guten Wetters entschieden wir uns, den geschotterten 200 km langen Denali Highway in Richtung Osten unter die Räder zu nehmen. Die Ausblicke waren wiederum genial, jedoch aufgrund eines Waldbrandes im Norden des Staates ein wenig getrübt. Unterwegs trafen wir erneut auf Uli und Sabine, mit welchen wir abends am Strassenrand zelteten und morgens neben der Strecke frühstückten.
Da der Weg zurück nach Vancouver weit ist und uns dafür nur noch ca. vier Wochen zur Verfügung stehen, legten wir uns in die Pedale in Richtung Yukon Territory in Kanada. Wir legten lange Radleretappen zurück und konnten dank des geringen Verkehrs das gute Wetter und die Natur geniessen. Gezeltet haben wir manchmal wild, gegessen auch mal am Strassenrand und uns in den seltenen Supermärkten so richtig ausgetobt. Da es nie wirklich dunkel wird, kann man auch ungestresst einmal später starten und hat abends noch genügend Licht zum Zeltaufbauen und Kochen. In Alaska haben wir unsere Stirnlampen nicht einmal im Zelt benutzen müssen!
Ein grosses Ärgernis im hohen Norden sind die Stechinsekten namens Mücke, Pferdebremse oder Blackfly. Da die Saison sehr kurz und die Tage enorm lang sind, ist das Aufkommen dieser Viecher unglaublich! Ohne Kopfnetz und Mückenspray ist es nicht möglich, sich draussen aufzuhalten. Die Mücken stechen durch zwei Schichten Kleider und verfolgen uns sogar auf dem Velo! Aber das wussten wir ja schon vorher. Man muss es einfach erlebt haben, um es zu glauben.
Nach ca. drei Wochen Alaska und fast 1500 Velokilometern haben wir die Grenze zu Kanada überradelt. Alaska hat uns enorm gefallen. Das von uns befahrene Gebiet war nie richtig einsam und verlassen, wie wir eigentlich erwartet hätten. Läuft man jedoch ein paar Meter abseits der Strasse, befindet man sich in kompletter Wildnis. Um die Dimensionen und die Abgeschiedenheit dieses Staates zu erfassen, müsste man den Flieger oder das Boot nehen. Viele Alaskaner haben in der Abgeschiedenheit (in the bush) eine eigene Blockhütte (Outhouse), in welche sie sich fürs Jagen, Fischen, Fallenstellen etc. zurückziehen können. Auch wenn wir nicht so weit in die Wildnis vorgedrungen sind, haben wir einen Hauch davon schnuppern dürfen.